Umgang mit Trauer

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Viele Menschen bringen den Begriff Trauer unmittelbar damit in Verbindung, dass jemand verstorben ist. Das Thema Trauer ist jedoch vielschichtiger und umfassender und sollte auch unabhängig von Todesfällen einen Platz in unserem Leben finden. In unseren Beratungsgesprächen versuchen wir daher immer wieder, diesem Thema Raum zu geben und möchten Ihnen mit diesem Artikel ein paar Anregungen geben, wie sie damit umgehen können, auch in Bezug auf andere Menschen.

Für den Begriff Trauer liefert der Duden zwei Definitionen:

1: [tiefer] seelischer Schmerz über einen Verlust oder ein Unglück

 2: [offizielle] Zeit des Trauerns nach einem Todesfall

Trauer_ Krebs

Hier sehen wir ganz deutlich, dass Trauer sich zwar durchaus auf Verluste im Zusammenhang mit Todesfällen beziehen kann. Dennoch kann der Begriff Trauer viel mehr bezeichnen als lediglich den Zeitraum nach einem Todesfall.

Im Laufe des Lebens machen wir immer wieder Verlusterfahrungen, aufgrund derer wir trauern – ohne, dass wir es explizit als Trauer bezeichnen würden: Um eine Ehe, die gescheitert ist, eine Freundschaft, die zerbricht, ein Lebensziel, das nicht mehr verwirklicht werden kann.

Trauer bei Krebspatient:innen

Den seelischen Schmerz eines Verlustes erleben auch Krebspatient:innen und Angehörige hautnah. Die Diagnose verändert die Lebensumstände. Manche Dinge, wie z.B. Hobbys, die bis zur Diagnose zu unserem Leben gehörten, sind vorerst nicht mehr möglich, Lebenspläne oder -ziele nicht mehr einhaltbar. Während der Diagnose- und Behandlungsphase kommt die Seele oft nicht sofort hinterher (Krankheitsverarbeitung: Was tun, wenn die Seele hinterherhinkt?), diese Veränderungen zu realisieren und ihre Auswirkungen auf das weitere Leben zu akzeptieren.

Dies ist oft ein Ansatzpunkt in unseren Beratungsgesprächen in der Krebsberatungsstelle. Wir geben Raum, diese Veränderungen zu besprechen und regen an, die Trauer um den Verlust von Lebensentwürfen, Fertigkeiten und das bisherige Selbstbild bewusst zuzulassen. Denn das Gefühl der Trauer ist eine natürliche Reaktion bei uns Menschen, die uns dabei hilft, mit Verlusten umzugehen.

Wie findet man den richtigen Umgang mit Trauer?

Trauer_Orientierung

Unsere heutige individuelle Lebensgestaltung gibt uns zwar mehr Freiheit, gleichzeitig fehlen jedoch oft Orientierungsmöglichkeiten bezüglich der Trauer, wie es sie beispielsweise in traditionelleren Kulturen gibt. Die Fragen „Mache ich das richtig mit dem Trauern“ bzw. „Wie trauere ich überhaupt?“ begegnen uns daher häufig in den Beratungen nach einem Todesfall. Wichtig ist: Es gibt kein richtig oder falsch, denn Trauer ist keine eindimensionale Erfahrung, die sich nach einem Lehrbuch richtet. Wie man trauert, entspringt der persönlichen Veranlagung, der eigenen Lebensgeschichte und den aktuellen Lebensumständen. Auch zeitlich lässt sich der Prozess der Trauer weder festlegen noch beeinflussen.

Es gibt verschiedene Modelle aus der Trauerforschung, die helfen können, das Phänomen Trauer besser zu verstehen. Daher stellen wir Ihnen die geläufigsten Modelle vor.

Die Trauerphasen

Die sogenannten Trauerphasen (oft in Anlehnung an Kübler-Ross [2] oder Verena Kast [3]) sind vielen Menschen ein Begriff. Der Psychoonkologe Urs Münch bewertet diese Modelle allerdings als problematisch, „vor allem für diejenigen, die anders reagieren“ [4]. Manche Menschen trauern kaum oder gar nicht. Dazu gibt es auch das andere Extrem, dass Schmerz auch nach Jahren oder sogar Jahrzehnten nicht abklingen will“ [4]. Die Kritik lautet dementsprechend, dass das Modell der Trauerphasen zu festgefahren erscheint. So denken manche Trauernde, sie müssen alle Phasen genau in der vorgegebenen Reihenfolge durchlaufen, was oft nicht der Situation entspricht. Aus diesem Grund rückt man von diesem Modell der Trauerbewältigung mittlerweile mehr und mehr ab.

Das duale Prozessmodell für Trauer

Beim dualen Prozessmodell der Trauerverarbeitung von Stroebe und Schut erfolgt die Auseinandersetzung mit dem Verlust abwechselnd zwischen zwei Polen, dem „verlustorientierten Pol“ und dem „wiederherstellungsorientierten Pol“. Auf der verlustbezogenen Seite setzen sich der/die Trauernde mit den Erinnerungen, Sehnsüchten, Gefühlen und dem Schmerz auseinander. Auf der wiederherstellungsorientierten Seite – dem Gegenpol – dominiert der Alltag mit seinen praktischen Aufgaben, sowie die Auseinandersetzung mit möglichen neuen Lebensperspektiven. Dieses Modell hilft Trauernden dabei, ihren Alltag zu bewältigen, das Leben Tag für Tag zu organisieren, neue Rollen auszuprobieren und neue Beziehungen zu knüpfen und gleichzeitig immer wieder den Verlust zu verarbeiten. Dieser Ansatz erlaubt dem Trauernden zudem trauerfreie Phasen, für die er sich weder vor anderen noch vor sich selbst rechtfertigen muss. [4]

Trauer_Gruppe

Traueraufgaben

Ein drittes Modell im Umgang mit Trauer entwarf J. William Worden, ein amerikanischer Arzt und Trauerforscher. In seinem Buch „Beratung und Therapie in Trauerfällen“ entwirft er aufeinanderfolgende Aufgaben, die Trauende bewältigen können/sollten. Den Begriff „Aufgaben“ verwendet Worden ganz bewusst, er sieht darin eine aktive Gestaltungsmöglichkeit für Trauernde. Sie können selbst etwas dazu beitragen, diese schwierige Lebenssituation zu verarbeiten und den Verlust in ihr Leben zu integrieren. Die Möglichkeit, selbst etwas zu tun, kann die erlebte Hilflosigkeit und Ohnmacht reduzieren und motiviert unter Umständen dazu, für die Gestaltung des Trauerprozesses Hilfe von außen anzunehmen .

Der Erfahrung nach kommen Menschen mit ihrer Trauer unterschiedlich gut zurecht. Viele Trauernde können die Situation nach einer gewissen Zeit weitestgehend alleine bzw. mit engen Vertrauten bewältigen. Andere benötigen Unterstützung außerhalb der Familie/Freunde und wünschen sich eine neutrale Person oder einen neutralen Ort, um ihre Trauer zu teilen. Im nächsten Blogartikel werden wir Ihnen daher einen ambulanten Hospizdienst und die damit verbundenen Angebote bei Trauer vorstellen.

Sollten Sie Fragen zu Angeboten bei Trauer haben, können Sie sich beispielsweise an unsere Krebsberatungsstelle wenden.

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Literaturangaben:

  1. Duden, Cornelsen Verlag GmbH, https://www.duden.de/rechtschreibung/Trauer. Zugriff 13.7.23
  2. Kübler-Ross, E., Interviews mit Sterbenden. 1972, Stuttgart/Berlin: Kreuz.
  3. Kast, V. https://www.verena-kast.ch/. Zugriff 13.7.23
  4. Münch, U., Wenn der Schmerz nicht enden will. Psychologie Heute compact, 2023.
  5. Worden, J.W., Beratung und Therapie in Trauerfällen. Hogrefe AG. 2018.

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