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Professor Gregory J. Hannon, so heißt der Mann, der derzeit Krebsforscher und Journalisten aller Welt aufhorchen lässt. Der Grund dafür sind die Ergebnisse einer Studie, die der Direktor des „Cancer Research UK“ der Universität Cambridge mit seinen Kollegen Simon RV Knott und Elvin Wagenblast am 7. Februar 2018 im renommierten Fachmagazin „Nature“ veröffentlichte.1 Die Forscher beschreiben hier die mögliche Auswirkung der Aminosäure Asparagin, die beispielsweise im Spargel (lat. Asparagus) zu finden ist, auf die Streuung von Tumorzellen.
Ein kurzer Ausflug in die Theorie:
Die Metastasierung des Primärtumors ist eine der größten Herausforderungen der Tumor-Therapie. Hat der Krebs bereits in verschiedene Körperregionen gestreut, verschlechtert sich der Therapieerfolg oft maßgeblich. Aus diesem Grund versuchen Forscher seit Langem diejenigen Gene zu bestimmen, die dazu führen, dass entartete Zellen den Primärtumor verlassen, als sogenannte „zirkulierende Tumorzellen“ über die Blutbahn zu anderen Organen gelangen und diese befallen.
Der Forschergruppe aus Cambridge ist es nun gelungen aufzuzeigen, wie das Ausschalten der sogenannten Asparaginsynthetase eine solche „Streuung“ verhindern kann. Dieses Enzym ist verantwortlich – Sie ahnen es wahrscheinlich schon – für die Herstellung der Aminosäure Asparagin.
Bei Versuchen mit Mäusen, die an Brustkrebs erkrankt waren, half ein Medikament, die Metastasierung des Primärtumors zu vermindern, das ursprünglich zur Bekämpfung von Leukämie gedacht war. Auch diese Arznei wirkte über die Senkung der Asparagin-Konzentration im Blut2. Zudem, und hier wird es für uns Ernährungswissenschaftler interessant, konnte eine asparaginarme Diät eine Verminderung der Tumor-Streuung in den Mäusen bewirken. Auf den Primärtumor hatten all diese Experimente jedoch keinen Einfluss.
Was heißt das nun konkret für den Krebspatienten?
Kann eine strikte Diät ohne Zufuhr der Aminosäure Asparagin tatsächlich zur Krebstherapie beitragen?
Leider ist es nicht einfach, eine klare Aussage zu treffen. Das Asparagin zählt zu den nicht essentiellen Aminosäuren. Das bedeutet, sie werden vom Körper selbst synthetisiert. Daneben gibt es viele Lebensmittel, die reich an Asparagin sind: neben Spargel sind dies beispielsweise Milchprodukte, Fleisch, Eier, Fisch und Meeresfrüchte, Kartoffeln und Hülsenfrüchte. Asparagin-arm sind vor allem Obst und Gemüse3. Das Asparagin benötigen wir unter anderem, um Muskeln aufzubauen und für die Regenerationsprozesse des Körpers, beispielsweise nach einer Chemo- oder Strahlentherapie. Bei einem völligen Verzicht auf alle genannten Lebensmittel besteht das Risiko einer Mangelernährung. Eine Gefahr, die derzeit immer noch für 20 bis 30 Prozent aller Todesfälle bei Krebspatienten verantwortlich ist.
Zudem handelt es sich bei den Studien bislang um Versuche an Mäusen und in Zelllinien. Eine Eins-zu-eins-Übertragung auf den Menschen kann hier nicht gewährleistet werden. In einer Stellungnahme zur Übertragbarkeit von Ergebnissen mit Tierversuchen geht die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) davon aus, dass bei solchen Studien „etwa 70% der unerwünschten Wirkungen, die den Menschen betreffen“ vorhersagbar sind 4. Das würde bedeuten, beinahe jedes 3. Ergebnis lässt keine Schlussfolgerungen auf den Menschen zu.
Was die vorliegende Studie von Knott, Wagenblast und Hannon in jedem Fall aufzeigt, ist,
welch wichtige Rolle die Ernährung im Zusammenhang mit der Krebsbekämpfung und -Prävention spielt. Und vielleicht bietet sie ja wirklich einen entscheidenden Baustein auf der Suche nach Heilung. Die vernünftigste Unterstützung für den Heilungsprozess stellt jedoch bis dato noch immer eine ausgewogene Ernährung dar. Hierzu gehören neben Gemüse und Obst eben auch Hülsenfrüchte, Nüsse, Getreide und Eier, Fisch und Meeresfrüchte sowie etwas Fleisch. Wie genau eine ausgewogene Ernährung aussehen kann, diskutieren wir Woche für Woche an dieser Stelle.
Lesen Sie auch unsere weiterführenden Artikel zum Thema gesunde Ernährung oder melden Sie sich bei uns für eine kostenlose Ernährungsberatung für Krebspatienten und deren Angehörige.
Für weiteregehende Informationen rund um das Thema Ernährung und Krebs empfiehlt sich ebenfalls das TZM-Buch „Stark gegen Krebs„.
Quellen:
- Knott, S. R. V et al. Asparagine bioavailability governs metastasis in a model of breast cancer. Nature (2018). doi:10.1038/nature25465
- PZ. Asparaginase: EU-Zulassung für Leukämie-Medikament. Pharmazeutische Zeitung online (2016). Available at: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/index.php?id=62082.
- aerzteblatt.de. Brustkrebs: Wie die Ernährung die Metastasierung bremsen könnte. (2018).
- Brandstetter, H., Spielmann, H., Löwer, W., Spranger, T. M. & Pinsdorf, C. Tiere in der Forschung: Naturwissenschaftliche, rechtliche und ethische Aspekte. (Deutsches Referenzzentrum für Ethik in den Biowissenschaften – Alber, K, 2016).
Mein Mann ist an Bauspeicheldrüsen krebs erkrankt u ich möchte Hinweise zur Ernährung, bzw. Nahrungergänzungsmittel
Danke
Anne Eissner
Liebe Frau Eissner,
vielen Dank für Ihre Anfrage. Schauen Sie zunächst in Ihren Posteingang, dort finden Sie eine Email zur Bestätigung unseres Newsletters. Der Newsletter enthält eher allgemeine Infos zur Ernährung, Bewegung, Psycho-Onkologie und Komplementärmedizin, die nicht auf die individuelle Erkrankung Ihres Mannes zugeschnitten sind. Wenn Sie eine persönliche Beratung wünschen, können wir sehr gerne einen Termin für eine telefonische Beratung vereinbaren oder Tipps per Email geben: eva.kerschbaum@med.uni-muenchen.de
Für Fragen zu Nahrungsergänzungsmitteln steht Ihnen mein Kollege Herr Doerfler (Wolfgang.doerfler@med.uni-muenchen.de) jederzeit gerne zur Verfügung.
Herzliche Grüße
Eva Kerschbaum
Interessant, dass es helfen kann, Krebs-Zellen am Streuen zu hindern, wenn man wenig Asparagin zu sich nimmt. Ich versuche eh, auf Fleisch und Milchprodukte zu verzichten. Hülsenfrüchte und Kartoffeln werde ich nun auch versuchen zu meiden. Ergänzend zu meiner Strahlentherapie kann das zumindest nicht schaden.
Hallo,
eine asparaginarme Ernährung ist aus ernährungswissenschaftlicher Sicht sehr kritisch zu sehen. Die hier aufgeführte Studie dazu, enthält viele Unterschiede zum menschlichen Körper, die wiederum in den Medien vernachlässigt werden. So werden Verbraucher wie Sie zu Unrecht verunsichert.
Das heißt im Klartext, ein Effekt von Asparagin auf das Krebsrisiko beim Menschen ist noch nicht abschließend nachgewiesen. Asparagin wird vom Körper sogar selbst synthetisiert. Lebensmittel wie Äpfel, Nüsse etc., die als asparaginreich bezeichnet werden, zu meiden, schränkt nicht nur eine abwechslungsreiche (äußerst gesunde) Ernährung ein, sondern kann sogar – im Extremfall – zu einem Mangel führen.
Gerne können Sie sich bei weiteren Rückfragen an uns wenden. Wir können auch einen kostenlosen Beratungstermin vereinbaren (089/4400-53344).
Herzliche Grüße
Eva Kerschbaum
Dies war ein interessanter Artikel über Spargel und Krebs. Mein Nachbar hat Krebs. Ich werde diesen Artikel mit meiner Nachbarin teilen, während sie sich um eine Krebsbehandlung bemüht.
Eine Erkrankung an Krebs ist mehr denn je eine Angst von mir. Das Ernährung eine große Rolle bei der Prävention vieler Krankheiten spielt war mir bewusst. Ich werde mir die Entwicklungen, auch im Bezug auf den Spargel, weiter ansehen.
Pingback: Spargel (Asparagus officinalis) | Blog: Wissen gegen Krebs
Sehr geehrte Frau Kerschbaum,
vielen Dank für den tollen Artikel.
Asparagin ist ja auch in rohen Sprossen wie Brokkolisprossen. Ist der Asparagin-Gehalt in frischen Brokkolisprossen höer als in einem Nahrungsergänzungsmittel aus Brokkoli (durch Trocknung konzentriertes und gemahlenes Granulat aus jungen Brokkolipflanzen) wie zum Beispiel Broccoraphan? Herzlich, Michaela Bayer
Vielen Dank für Ihren engagierten Kommentar. Der Wert von Broccoli bzw. insbesondere Broccolisprossen liegt insbesondere auf dem Sulforaphan, einem so genannten Senfölglucosid.
Sulforaphan hat offenbar das Potential, einige Arten von Tumorwachstum zu hemmen. Auf einer Patientenseite der Uni Heidelberg (https://www.klinikum.uni-heidelberg.de/chirurgische-klinik-zentrum/allgemein-viszeral-und-transplantationschirurgie/forschung/pankreasforschung/sektion-pankreaskarzinomforschung/ag-molekulare-onkochirurgie/patienteninformationen/) finden sich gute und verständliche Informationen zu dem Thema.
Der Gehalt an Sulforaphan unterscheidet sich stark in Broccoli, Broccolisprossen und gefriergetrocknetem Pulver. Am wenigsten (pro gr) befindet sich in Broccoli, deutlich mehr in den Sprossen und am konzentriertesten in Broccolisprossenpulver. Bei Pulvern muss man jedoch genau darauf achten, ob die Ausgangssubstanz aus Broccoli besteht (kein hoher Sulforaphangehalt) oder eben aus Broccolisprossen (hoher Sulforaphangehalt, wie in dem von Ihnen erwähnten Broccoraphan).
Ihr Team des TZM
Liebe Frau Kerschenbaum, danke für die Info! Wissen Sie, Ob der Asparagin-Gehalt in frischen Brokkolisprossen oder in gefruergetrockneten Sprossenpulver höher ist?
Herzlich, MichaelaBayer
Liebe Frau Kerschenbaum, gibt es zu diesem Thema neue Erkenntnisse?
Wenn man ein Magnesiumpräparat einnehmen muss, ist es dann besser, sicherheitshalber auf Magnesiumaspartat zu verzichten und ein anderes Magnesiumpräparat zu wählen?
(Gibt es eine Kombination, die besonders empfehlenswert ist, was ist zum Beispiel von Magnesiummalat zu halten?)
Vielen Dank und viele Grüße
Nadine
Vielen Dank für Ihren Kommentar. In puncto Asparagin und Krebs gibt es keine entscheidenden neuen Erkenntnisse. Das bedeutet, Sie können als Krebspatient auch weiterhin die Lebensmittel verzehren, die die Aminosäure Asparagin enthalten. Es gibt keine Studie am Menschen, die die Ergebnisse aus der in diesem Blogartikel dargestellten Mausstudie untermauern. Ohne diese zusätzlichen Humanstudien kann das Ergebnis aus der Tierstudie nicht einfach auf den Menschen übertragen werden. Bezüglich der Magnesiumpräparate schreibe ich Ihnen eine separate Email. Das ist eine sehr individuelle Frage. Herzliche Grüße, Eva Kerschbaum
wertvolle Information! Kann ich Spargel mit Darmkrebs essen? Während Strahlentherapie, Chemotherapie und nach der Operation? Was empfehlen Sie? Vielen Dank im Voraus
Vielen Dank für Ihre positive Rückmeldung. Spargel ist ein faserreiches Gemüse und kann evtl. ein Problem verursachen, wenn der Darm Engstellen (Stenosen) aufweist oder ein Darmverschluss droht. Nach einer Darm-OP wird für die ersten 6-8 Wochen oft eine Ernährung ohne sehr faserreiche Lebensmittel empfohlen. Ansonsten kann Spargel jederzeit gegessen werden, wenn er vertragen wird. Sollten Sie dazu noch Fragen haben, können Sie sich jederzeit bei uns melden: 089/4400-53344.
Mein Mann hat ein metastasierten Oesophagus-Ca. Wieviel Spargel täglich wäre gut für ihn? Jetzt ist ja Spargelzeit und wir leben in einer Spargelgegend. Oder ist es aufgrund der B-Vitamine im Spargel gar nicht so gut, viel davon zu essen? Kann man auch Spargel im Glas verwenden, wenn es keinen frischen gibt? Vielen Dank für Ihre Antwort Gabriele
Das ist schwer pauschal zu beantworten. Ich schreibe Ihnen eine Email hierzu. Viele Grüße