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Um den Tod und die Zeit danach ranken sich seit Urzeiten viele Legenden und Mythen. Man denke nur an die Geschichte vom Brandner Kaspar, eine gerade im bayrischen Raum sehr bekannte literarische Figur, die dem „Boandlkramer“ beim Kartenspielen einige Lebensjahre abluchst. Während dieses Bühnenstück in Bayern schon Kultstatus erreicht hat und dabei oft viel gelacht wird, gestaltet sich im realen Leben die Auseinandersetzung mit dem Thema der Endlichkeit meist schwieriger.
Gerade PatientInnen mit einer Krebserkrankung sind einer konkreten Konfrontation mit dem Thema Tod und Sterben ausgesetzt, meist völlig unabhängig von der Prognose. Und auch ohne Erkrankung „hat jeder Mensch Fragen“ wie die AutorInnen des Buches „99 Fragen an den Tod“ schon auf ihrer Umschlagseite erklären. „Außerdem begleiten Sie im Laufe ihres Lebens statistisch fünf Menschen aus Ihrer nahen Umgebung beim Sterben bzw. sind Sie mit deren Sterben und Ihrer Trauer konfrontiert“ (1).
Eine Hospizbegleiterin, die wir Ihnen in einem unserer nächsten Artikel vorstellen wollen, hat uns auf dieses Buch aufmerksam gemacht, da sie es als sehr hilfreich im Umgang mit ihren PatientInnen empfand. Sie konnte sich nach der Lektüre besser auf die Fragen der PatientInnen einstellen und zugleich ihre eigene Haltung zum großen Thema „Lebensende“ reflektieren.
Diesen Gedankengängen können wir uns nur anschließen und stellen Ihnen deshalb heute das Buch „99 Fragen an den Tod – Leitfaden für ein gutes Lebensende“ vor.
Autorin und Autor
Prof. Dr. Bausewein ist Direktorin der Palliativklinik im Klinikum Großhadern und eine der führenden Palliativmedizinerinnen im deutschsprachigen Raum. Gerade wurde sie zur Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin e.V. gewählt.
Rainer Simader, gelernter Physiotherapeut, leitet aktuell das Ressort Bildung bei Hospiz Österreich, dem Dachverband aller Hospiz- und Palliativeinrichtungen in Österreich.
Beide setzen sich täglich mit Themen rund um palliative Situationen auseinander. Aus dieser Erfahrung und vielen Gesprächen mit PatientInnen sowie KollegInnen haben sie die häufigsten und drängendsten Fragen zu dieser Lebensphase gesammelt und interessante Antworten gefunden.
Die Kapitel – ein Überblick
Das Buch ist in neun Teile gegliedert, die sich an den Phasen des Sterbeprozesses orientieren.
So sind in Teil 1 Fragen aus der Perspektive des Sterbenden, in Teil 2 aus der der Angehörigen aufgeführt, wie z.B. „Soll ich es anderen Menschen mitteilen, dass ich sterbe?“ und die Gegenfrage beim Angehörigenteil „Woran erkenne ich, ob ein Mensch weiß, dass er sterben wird?“. Schon diese zwei Fragen zeigen, dass sich Sterbende wie Angehörige oft mit den gleichen Fragen beschäftigen. Die Hemmschwelle, miteinander darüber zu sprechen, ist oft hoch. Das Buch ermutigt dazu, das Gespräch zu suchen, und zeigt unterschiedliche Ansätze auf, wie das gelingen kann. In gewissen Fällen kann es allerdings auch andere Lösungen geben: „Es ist in Ordnung, es manchen Menschen nicht zu sagen“ (1).
Teil 3 widmet sich grundsätzlichen, praktisch orientierten Themen wie z.B. der Vorsorgevollmacht und der Palliativversorgung. Teil 4 mit dem Titel „Die Krankheit schreitet voran“ setzt sich vor allem mit Beschwerden und deren Linderung auseinander.
Im 5. Teil werden Fragen rund um die konkrete Sterbephase beantwortet wie z.B. „Soll, darf oder muss ich in der Sterbephase bei der oder dem Sterbenden bleiben?“ und „Was kann ich noch für ihn/sie tun?“.
Teil 6 ist wiederum eher praktischer angelegt mit Informationen wie: „Von wem bekomme ich die Sterbeurkunde?“.
Teil 7 widmet sich der Trauer. Denn mit dem Tod des Angehörigen beginnt eine weitere Phase der Auseinandersetzung, die sehr individuell ablaufen kann, was besonders anschaulich wird bei der Frage: „Wie lange dauert Trauer?“.
Der Frage-Antwort-Teil des Buches endet mit der 99. Frage: „Was kommt nach dem Tod?“. Sind sonst die Antworten möglichst kurz und übersichtlich gehalten (½ bis ca. 2 Seiten), gibt es hier eine breit gefächerte Auswahl von Texten aus der Sicht verschiedener Personen.
Im Teil 8 werden noch hilfreiche Adressen rund um das Thema aufgeführt. Und im Teil 9 – gerade für medizinische Laien sehr hilfreich – ein Glossar zu medizinischen Fachbegriffen.
Mein Fazit
Dieses Buch mit seinen 99 Fragen setzt sich sachlich, klar und gleichzeitig menschlich mit vielen Aspekten zum Thema Tod und Sterben auseinander. Das Buch macht Mut, mit der Wahrnehmung des Todes die Sichtweise auf das Leben zu verändern. Eine Auseinandersetzung mit dem Tod ist fast immer ein Gewinn. Auch ethisch umstrittene Fragen wie zur Sterbehilfe werden fundiert und ohne Wertung beantwortet. Es bleibt immer Raum für eigene Ansichten, die Antworten dienen hauptsächlich als Anstoß. Ein weiterer Grund, weshalb ich dieses Buch empfehle ist, dass es nicht komplett von vorn bis hinten gelesen werden muss, sondern jede Frage wird für sich behandelt wie bei einem Ratgeber, in dem man nachschlagen kann. So findet man schnell die Fragen, die einen gerade beschäftigen, und bekommt Anregungen für eigene Antworten.
Mir wurde beim Lesen des Buches wieder ganz deutlich, wie wichtig es ist, mich mit meinen PatientInnen und Angehörigen auf dieses, auf den ersten Blick schwierige Thema einzulassen. In vielen Beratungen „schlummert“ das Thema Tod und Sterben im Hintergrund. Gänzlich vorbereitet kann niemand sein, aber schon allein, wenn die praktischen Fragen geklärt sind, bedeutet das meist Erleichterung.
Dies zeigt auch der Kommentar einer Leserin unseres Blogs auf den Artikel „Die Strukturen palliativer Versorgung“, den wir im letzten Jahr veröffentlicht haben. „Diesen Überblick hätte ich vor drei Jahren benötigt, als klar wurde, dass mein Mann sterben wird und ich in der Situation völlig gefangen und überfordert war. Man funktioniert nur noch! Ich kann nur jedem raten, sich rechtzeitig auf diese Situation vorzubereiten und ein gutes Team um sich und den Patienten zu versammeln. Vorsorge ist das A & O!“
Vielleicht findet das Buch „99 Fragen an den Tod“ ja auch den Weg in Ihr Bücherregal und wartet dort geduldig darauf, Ihre Fragen zu beantworten, wenn die richtige Zeit dafür gekommen ist.
Quelle:
(1) Bausewein, Claudia; Simader, Rainer, 99 Fragen an den Tod, Droemer Verlag, München, 2020
Ich habe das Buch schon gelesen und kann es nur empfehlen. Auf das schwierig erscheinende Thema gibt es praktische Antworten und befreit von Angst, sich damit überhaupt zu beschäftigen.Letzteres ist auch ratsam und hilfreich, auch zum eigenen Sterben.
Herzliche Grüße und ebensolchen Dank für Ihre interessanten Informationen