Lesen tut gut – in vieler Hinsicht

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Gestern wurde es fast Mitternacht, bis ich das Buch aus den Händen legen konnte, so sehr war ich gefesselt. Lesen ist für mich der Ausgleich zum Alltag. Dass Lesen zum Stressabbau beiträgt, ist sogar wissenschaftlich belegt. So hatten vor einigen Jahren Forscher der Universität Sussex in einer Untersuchung festgestellt, dass beim Lesen das Stresslevel bis zu 68 Prozent sinkt. Der Grad der Stressreduzierung war bei der Lektüre besonders hoch, im Vergleich zu anderen Tätigkeiten, die Menschen zur Entspannung machen, wie Musik hören (61 %), Tee trinken (54 %) oder Spazierengehen (42 %). Wichtig ist es dabei, laut der Forscher, die 6-Minuten-Regel zu beachten. Dies ist das zeitliche Minimum, das benötigt wird, um eine entspannende Wirkung auszulösen. Außerdem sollte es möglichst eine zusammenhängende Geschichte sein statt kurzer Einzeltexte. Denn die Stressreduktion kommt dadurch zustande, dass man sich sozusagen in die Geschichte hineinbegibt. Kontraproduktiv ist hingegen das Lesen von kurzen Texten im Internet, bei denen man immer wieder durch aufpoppende Werbung oder Animationen abgelenkt wird. Der Konzentrationsprozess und die gewünschte Entspannung werden dadurch erheblich gestört (1).

Lesen fördert intellektuelle Fähigkeiten

Lesen Entspannung Krebs

Doch Lesen ist nicht nur für die Entspannung wichtig, sondern auch für andere intellektuelle Fähigkeiten. Eine Forschungsarbeit des Max-Planck-Instituts in Leipzig zeigt mithilfe von Kernspintomographie, „dass sich nicht nur bei Kindern, die lesen lernen, das Gehirn neuroplastisch verändert, sondern auch bei Erwachsenen“ (2). Insbesondere wurde bei Erwachsenen durch ein sechsmonatiges Lesetraining „die Verbindung zwischen Sehrinde und Thalamus, der als Filter zwischen wichtigen und unwichtigen Informationen fungiert,“ (2) gestärkt. Eine Eigenschaft, die sicherlich in vielen Lebenssituationen von Nutzen sein kann.

Schon allein diese zwei wissenschaftlichen Fakten sind eine gute Motivation, dem Lesen wieder mehr Zeit zu widmen.

Und laut Erich Kästner kann Lesen wie Medizin eingesetzt werden. In seinem Gedichtband: „Doktor Erichs Kästners Lyrische Hausapotheke“ sind 36 Leiden und Unannehmlichkeiten aufgeführt und dazu die passenden Gedichte, die nach der Meinung der Autors Linderung verschaffen können. Zudem schreibt Kästner im Vorwort: „Es tut gut, den eigenen Kummer von einem anderen Menschen formulieren zu lassen“ (3). Autobiographische Werke sind gut dazu geeignet, in den Erfahrungen, auch den negativen, von anderen Trost und vielleicht auch Ermunterung zu finden. Im Allgemeinen ist es anregend zu sehen, dass man mit seiner Erfahrung nicht allein auf der Welt ist, und dass andere Menschen schwierige Situationen überwunden haben oder sie zumindest in Worte fassen konnten.

Gerade für KrebspatientInnen und Angehörige können solche Bücher Wegbegleiter sein, neue Perspektiven eröffnen und zur Klärung der eigenen Situation beitragen. Vielleicht ergibt sich ein Lösungsansatz für die eigene Geschichte, oder man merkt: „Das wäre nicht mein Weg“ und fühlt sich dadurch in seinem eigenen Tun bestärkt.

Büchersammelaktion der Familienkrebshilfe Sonnenherz

Büchersammlung Familienkrebshilfe

Von allen Medien, in denen man lesen kann, bevorzuge ich nach wie vor das „analoge“ Buch. Ich mag es, in Büchern zu blättern und lasse mich bei der Auswahl vom Cover und vom Rückseitentext inspirieren. Ideal ist dafür eine unabhängige Buchhandlung, in der man meist sehr engagierte BuchhändlerInnen findet, die einen gut beraten. Aber daneben gibt es auch viele Möglichkeiten, günstig an Bücher zu gelangen. Da wären zum Beispiel zu Tauschorten umfunktioniere Telefonzellen oder öffentliche Bücherschränke, die Bücherwägen in Krankenhäusern oder mobile Büchereien in Bussen. Und natürlich die guten alten Stadtbibliotheken, bei denen man zu einem symbolischen Preis Mitglied werden kann.

Eine schöne Möglichkeit, Bücher zu erwerben und gleichzeitig Gutes zu tun, hat sich die „Familienkrebshilfe Sonnenherz“ einfallen lassen, eine der vielen Organisationen, die sich speziell um die Not von Krebserkrankten kümmern. Die Organisation Sonnenherz, unter der Leitung von Christian Neumeir, veranstaltet mit einem Kreis Ehrenamtlicher regelmäßig Benefizfeste für Familien, die durch eine Krebserkrankung in eine finanzielle Notlage geraten sind. Eine direkte Unterstützung der Familien erfolgt durch den Erlös. Da seit März keine Großveranstaltungen möglich sind, akquiriert Herr Neumeir nun auch Gelder durch Zeitungsartikel, Firmenspenden etc. Wichtig ist dem Gründer dabei immer der regionale Bezug. Denn die Feste und Spendenaufrufe dienen vor allem dazu, den Betroffenen zu zeigen: „Ihr seid nicht alleine! Euer Wohnort unterstützt euch“.

2018 startete die Familienkrebshilfe eine Büchersammelaktion im Landkreis Erding. Damals wurden über 100.000 Bücher gespendet, die anschließend online verkauft wurden. Der Erlös wiederum kam direkt bedürftigen Familien zu Gute. Ab August wird erneut gesammelt, diesmal im Landkreis Freising: Bücher, aber auch CDs und DVDs können von 10.08 bis 29.09.20 in Moosburg, Degernpoint M1 (neben dem Kaufland) abgegeben werden. Diese können ab Oktober im online-Büchershop der Familienkrebshilfe Sonnerherz zu einem geringen Preis erwerben werden. Eine schöne Aktion finden wir.

Denn Lesen bedeutet auch den Horizont erweitern oder wie Dichter Jean Paul Richter schrieb: Bücher lesen heißt, wandern gehen in ferne Welten, aus den Stuben, über die Sterne (4). Etwas, dem gerade in Zeiten von Corona-(Reise)-Beschränkungen besondere Bedeutung zukommt.

Quellen:

(1) https://www.telegraph.co.uk/news/health/news/5070874/Reading-can-help-reduce-stress.html Zugriff: 16.7, Reading can help reduce stress, 30.3.2009

(2) https://www.wiwo.de/erfolg/hirnforschung-lesen-veraendert-das-gehirn/19886030.html Zugriff: 1.7.20, Lesen verändert das Gehirn, 02.06.2017

(3) Erich Kästner, Dr. Erich Kästners Lyrische Hausapotheke, Neuausgabe, Atrium, Zürich 2009 (Erstausgabe: Basel 1936)

(4) https://www.aphorismen.de/zitat/14835, Zugriff 21.7.20

1 Kommentar zu „Lesen tut gut – in vieler Hinsicht“

  1. Pingback: „Ab in den Süden, der Sonne hinterher…“ | Blog: Wissen gegen Krebs

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