Reishi (Ganoderma lucidum, Ling Zhi) – Glänzender Lackporling

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Reishi – der König der Heilpilze?

„Reishi und Krebs“ bei Google eingegeben und schon begegnen dem Suchenden Begriffe wie „König der Heilpilze“, „Heilpilz mit Superkräften“ oder gar „Pilz des ewigen Lebens“. Zudem wird man mit wissenschaftlich anmutenden Titeln wie „So hilft Reishi gegen Krebs: Studien, Hintergrundwissen…“ konfrontiert  (1).

Grund genug sich flugs ein Reishipräparat nach Hause schicken zu lassen?

Hintergrund

Der Reishipilz aus der Familie der Lackporlinge (Ganodermataceae) kommt teilweise in Europa, insbesondere aber im asiatischen Raum (Japan und China), vor. Er wächst wild, wird infolge der hohen Nachfrage jedoch auch zunehmend intensiv kultiviert. Lackporlinge sind derbe Porenpilze, die auf Nadel- und Laubbäumen leben und im befallenen Holz eine Weißfäule erzeugen (2). Geschmacklich und von der Konsistenz her eignet er sich nicht als Speisepilz (3).

Als Nahrungsergänzungsmittel werden unter anderem getrocknetes Pilzpulver, Sporen oder flüssige Extrakte angeboten und meist über das Internet vertrieben (4). Infolge der weit verbreiteten Behauptungen zu krankheitsheilenden Eigenschaften gibt es immer wieder Diskussionen, inwieweit Reishipräparate nicht eher als Arzneimittel klassifiziert werden müssten (3).

Die vermutlich bedeutsamsten biologisch aktiven Inhaltsstoffe des Reishi sind Polysaccharide und Triterpene, die in Laborversuchen eine krebshemmende, antientzündliche, antioxidative, antimikrobielle und eine blutfettreduzierende Wirkung aufweisen  (5, 6). Diese Ergebnisse lassen sich jedoch nicht so ohne weiteres auf den Menschen übertragen.

 

Reishi in der Krankheitsvorbeugung und Therapie

Der Reishipilz ist einer von über 100 bekannten Pilzsorten, die traditionell in Asien, insbesondere in der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM), als Tonikum zur Verlängerung des Lebens, zum Aufhalten des Alterungsprozesses und zur Steigerung der „Lebensenergie“ Qi angewendet werden (7). Darüber hinaus dient Reishi historisch auch zur Unterstützung der Leberfunktion. Diese Eigenschaft des Pilzes wird von einer aktuellen wissenschaftlichen Arbeit vorsichtig bestätigt (8).

 

Reishi bei Tumorerkrankungen

Aktuell wird Reishi in China unter anderem zur Verbesserung der Immunfunktion bei Tumorpatienten unter Chemo-  oder Strahlentherapie verwendet (9). Eine, wenn auch kleine, klinische Studie mit an Lungentumor erkrankten Patienten aus China (10) unterstützt diesen Ansatz. In einer Übersichtsarbeit von 2017 wird der Sinn der begleitenden Einnahme von Reishi zur Verbesserung der Therapieverträglichkeit unter Chemotherapie (zurückhaltend positiv) diskutiert (11).

Hinsichtlich einer immer wieder behaupteten – zumindest erhofften – unmittelbar tumorzellhemmenden Wirkung des glänzenden Lackporlings bei krebsbetroffenen Menschen ist die wissenschaftliche Beweislage trotz umfassender asiatischer Forschung auf diesem Gebiet noch relativ „mau“. Am meisten akademische Überzeugungskraft hat eine systematische Übersichtsarbeit („Metaanalyse“) der internationalen Cochrane Collaboration von 2012 (mit einem Update von 2016). Infolge der strengen Kriterien, die bei dieser Analyse zur Anwendung kommen, konnten nur fünf Studien mit insgesamt 373 Personen einbezogen werden (12).  Die Autoren fassten Ihre Resultate folgendermaßen zusammen: „Aus der Untersuchung ergab sich, dass Patienten, die G. lucidum -Extrakt (= Reishi, Anm. des Blogverfassers) im Rahmen ihrer Anti-Krebs-Diät verwendeten, mit 1,27-fach höherer Wahrscheinlichkeit auf Chemotherapie oder Strahlentherapie ansprachen, als Patienten ohne diesen Extrakt. Allerdings konnten die Daten keine signifikante Wirkung zur Tumorschrumpfung nachweisen, wenn nur mit G. lucidum therapiert wurde (…). Patienten der G. lucidum -Gruppe hatten nach der Behandlung eine vergleichsweise etwas bessere Lebensqualität als Patienten der Kontrollgruppe. Es gab einzelne Fälle von leichten Nebenwirkungen wie Übelkeit und Schlaflosigkeit, die auf die Behandlung mit G. lucidum -Extrakt zurückzuführen waren“ (13).

Die Autorengruppe betonte dabei, dass diese Ergebnisse nur mit Einschränkungen zu betrachten sind, da die Studien klein und die methodische Qualität einzelner Arbeiten unbefriedigend waren.

Unsere Empfehlungen im Umgang mit Reishi bei (Tumor-) Erkrankungen

Wie häufig in der Komplementärmedizin lässt sich auch beim Reishi keine allgemeingültige Empfehlung geben. Reishi könnte begleitend zu einer Chemotherapie zur Stärkung der Immunabwehr (etwa bei Abfall der weißen Blutkörperchen) oder zur Verbesserung der Lebensqualität beitragen, falls etablierte Therapieansätze nicht ausreichen. Jedoch darf man sich  nicht darauf verlassen, dass der Reishipilz den Tumor als solches bekämpft, schon gar nicht als Alternative zu den etablierten und wissenschaftlich begründeten, onkologischen Therapien.

Also keine vorschnellen Bestellungen von Reishi über das Internet, sondern vor Einnahme unbedingt eine kompetente Beratung aufsuchen! Des Weiteren sollte eine Einnahme offen mit dem behandelnden Onkologen besprochen werden, da unerwünschte Wechselwirkungen mit der Tumortherapie nicht von vorneherein ausgeschlossen sind. So kann die antioxidative Wirkung des Pilzes mit einzelnen Tumorbehandlungen in Konkurrenz stehen (14). Außerdem ist das Blutungsrisiko erhöht, falls gleichzeitig eine „blutverdünnende“ Behandlung durchgeführt wird (15).

 

Referenzen:

1. Google (Internet Explorer) Suche vom 13.09.2018 mit den Suchbegriffen “Reishi und Krebs”

2. Schütt; H.J. Schuck, H.J.; B. Stimm: Lexikon der Baum- und Straucharten. Nikol-Verlagsgesellschaft mbH, Hamburg 2002

3. Einstufung bestimmter Vitalpilzprodukte (hier: Cordyceps sinensis, Coriolus versicolor und Ganoderma lucidum), Stellungnahme (Nr. 01/2014) der Gemeinsamen Expertenkommission BVL / BfArM, 06.02.2015

4. Medizin transparent: abgerufen am 13.09.2018, available https://www.medizin-transparent.at/reishi-pilz-krebs#ref3

5. Ferreira IC, Heleno SA, Reis FS, et al.: Chemical features of Ganoderma polysaccharides with antioxidant, antitumor and antimicrobial activities. Phytochemistry 114: 38-55, 2015.

6. Xia Q, Zhang H, Sun X, et al.: A comprehensive review of the structure elucidation and biological activity of triterpenoids from Ganoderma spp. Molecules 19 (11): 17478-535, 2014.

7. National Cancer Institute: abgerufen am 13.09.2018, available https://www.cancer.gov/about-cancer/treatment/cam/hp/mushrooms-pdq#link/_132_toc

8. Chiu HF et al. Triterpenoids and polysaccharide peptides-enriched Ganoderma lucidum: a randomized, double-blind placebo-controlled crossover study of its antioxidation and hepatoprotective efficacy in healthy volunteers. Pharm Biol. 2017 Dec;55(1):1041-1046. doi: 10.1080/13880209.2017.1288750.

9. Upton R, ed.: Reishi Mushroom: Ganoderma Lucidum: Standards of Analysis, Quality Control, and Therapeutics. Santa Cruz, Calif: American Herbal Pharmacopoeia, 2000

10. Sun LX, Li WD, Lin ZB, et al.: Protection against lung cancer patient plasma-induced lymphocyte suppression by Ganoderma lucidum polysaccharides. Cell Physiol Biochem 33 (2): 289-99, 2014

11. Cizmarikova M, The Efficacy and Toxicity of Using the Lingzhi or Reishi Medicinal Mushroom, Ganoderma lucidum (Agaricomycetes), and Its Products in Chemotherapy (Review). Int J Med Mushrooms. 2017;19(10):861-877. doi: 10.1615/IntJMedMushrooms.2017024537.

12. Jin X u.a. Ganoderma lucidum (Reishi mushroom) for cancer treatment. Cochrane Database Syst Rev. 2016: CD007731

13. Cochrane: abgerufen am 13.09.2018, available https://www.cochrane.org/de/CD007731/g-lucidum-reishi-pilz-glanzender-lackporling-zur-krebsbehandlung

14. Wachtel-Galor S, Szeto YT, Tomlinson B, et al. Ganoderma lucidum (’Lingzhi’); acute and short-term biomarker response to supplementation. Int J Food Sci Nutr. Feb 2004;55(1):75-83.

15. Tao J, Feng KY. Experimental and clinical studies on inhibitory effect of Ganoderma lucidum on platelet aggregation. J Tongji Med Univ. 1990;10(4):240-243.

2 Kommentare zu „Reishi (Ganoderma lucidum, Ling Zhi) – Glänzender Lackporling“

    1. Wolfgang Doerfler

      Hallo Herr Wendland, Danke für Ihren aufmunternden und bestärkenden Kommentar! Unsere Institution, insbesondere die Beratungen, hat jedoch sehr wenig Pharmazieorientierung. Im Gegenteil, so beraten wir in den Bereichen Ernährung, Psycho-Onkologie und Komplementärmedizin in erster Lineie im Sinne von „Hilfe zur Selbsthilfe“, meist ohne Anwendung pharmazeutischer Produkte. Ausnahmen bestätigen natürlich die Regel.

      Lassen Sie uns gerne wissen, aus welchen Bereichen Sie mehr von uns lesen wollten.

      Viele Grüße
      Wolfgang Doerfler

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