Bitte beachten Sie: Dieser Blogartikel ist bereits älter als 180 Tage. Unsere Artikel werden nachträglich nicht aktualisiert.
Da wir Sie bereits ausführlich über die Unterschiede zwischen psychoonkologischer Beratung und Psychotherapie informiert haben (Blog „Beratung oder Psychotherapie – was ist der Unterschied?“), möchten wir Ihnen hiermit das zweite Standbein einer Krebsberatungsstelle, die Sozialberatung, genauer vorstellen. Die Sozialberatung in einer Krebsberatungsstelle versorgt PatientInnen und Angehörige mit Informationen, Beratung und hilft bei der Bewältigung krankheitsbedingt veränderter Alltags- und Lebensbedingungen. Die wissenschaftliche Disziplin dahinter finden Sie ausführlich in dem Artikel „Soziale Arbeit in der Onkologie“ beschrieben.
Was ist Sozialberatung?
Konkrete Themen der Sozialberatung sind:
- Allgemeine Sozialrechtsberatung sowie Erläuterungen zu sozialrechtlichen Ansprüchen wie Krankengeld, Zuzahlungsbefreiung, Erwerbsminderung etc.
- Hilfe beim Ausfüllen von Anträgen für Schwerbehindertenausweis, Reha-Maßnahmen, finanzielle Unterstützungsmöglichkeiten etc.
- Psychosoziale Beratung: komplexe Problemfälle werden strukturiert, Prioritäten erarbeitet und, wenn nötig, wohnortnahe Hilfen und ExpertInnen für spezifische Fragestellungen vermittelt.
Die Sozialberatung erfolgt bei einem stationären Aufenthalt im Krankenhaus und in Reha-Kliniken durch den dort tätigen Sozialdienst. Ambulant können sich TumorpatientInnen sowie Angehörige an allgemeine Sozialberatungsstellen von kirchlichen/freien Trägern (z.B. Caritas) oder an spezialisierte Krebsberatungsstellen – wie bei uns am Tumorzentrum – wenden. Die MitarbeiterInnen sind in der Regel SozialpädagogInnen oder anderweitig fachlich geschulte Personen. An den Krebsberatungsstellen verfügen viele MitarbeiterInnen zudem über eine psychoonkologische Weiterbildung. Die Beratung ist kostenfrei und vertraulich. Wie bei jeder Beratung ist die Abklärung der persönlichen Lage wichtig. Ganz ähnlich wie in der Diagnostik der Krebserkrankung, muss jeder Fall genau betrachtet werden, um die richtige, individuelle Therapie – in diesem Fall besser: Unterstützung – finden zu können.
In der ersten Beratung klären wir zudem oft über allgemeine Begriffe im Bereich Sozialrecht auf, die den PatientInnen im Laufe der Erkrankung begegnen können, wie z.B. Erwerbsminderung oder Behindertenausweis. In diesem Artikel möchten wir Ihnen schon einmal kurz die wichtigsten Stichwörter im Zusammenhang mit sozialrechtlichen Ansprüchen näher erläutern.
Schwerbehindertenausweis
In den meisten Fällen ist eine Krebserkrankung ein Grund für die Anerkennung einer Schwerbehinderung. Ab Diagnosestellung sind Sie zur Beantragung eines entsprechenden Ausweises berechtigt. Einen ausführlichen Artikel zu diesem Thema finden Sie hier.
Krankschreibung – Krankengeld
Die finanzielle Absicherung im Krankheitsfall ist komplex und von vielen Faktoren abhängig; unter anderem davon, ob man selbständig oder angestellt ist, ob man privat oder gesetzlich versichert und wie lange man krankgeschrieben ist. Ob und wie lange KrebspatientInnen krankgeschrieben sind, ist sehr individuell und hängt vom Krankheitsverlauf, dem Behandlungsschema und auch der jeweiligen Arbeitssituation ab.
In der Regel wird der Lohn im Krankenstand sechs Wochen lang vom Arbeitgeber weiterbezahlt (Lohnfortzahlung). Ab der siebten Woche erhält man als sogenannte „Lohnersatzleistung“ Krankengeld. Der Anspruch auf Krankengeld endet nach max. 78 Wochen Krankschreibung aufgrund ein und derselben Erkrankung innerhalb von 3 Jahren (Blockfrist). Die ersten sechs Wochen Lohnfortzahlung werden in diese 78 Wochen mit eingerechnet.
Die Höhe des Krankengeldes richtet sich nach dem Einkommen: „Das Krankengeld beträgt
- 70 % des Bruttoarbeitsentgelts,
- maximal aber 90 % des Nettoarbeitsentgelts sowie
- maximal 112,88 € täglich.
Bei der Berechnung werden auch die Einmalzahlungen (z.B. Weihnachtsgeld) in den 12 Monaten vor der Arbeitsunfähigkeit berücksichtigt.“ [1]
Selbständige sind in Deutschland verpflichtet, sich bei einer privaten oder gesetzlichen Krankenkasse zu versichern, können aber selbst entscheiden, ob sie eine zusätzliche „Krankentagegeldversicherung“ abschließen. Wird diese abgeschlossen, ist das Krankengeld ein Teil der Versicherungsleistung und sie erhalten im Falle einer Arbeitsunfähigkeit finanzielle Unterstützung von der Krankenkasse.
Rehabilitation (kurz Reha)
Eine Reha hat das Ziel, dass Berufstätige wieder in den Alltag und vor allem in den Beruf zurückkehren können. Doch auch Menschen, die bereits in Rente sind, können eine Reha beantragen. Der Grund ist hier die Vermeidung von Pflegebedürftigkeit. Eine Reha soll dabei die Folgen der Krebserkrankung mildern oder beseitigen und wird in der Regel stationär in einer Reha-Einrichtung durchgeführt. Normalerweise dauert eine Reha 3 Wochen. Eine Verlängerung ist je nach Genesungszustand möglich.
Abhängig vom Zeitpunkt und der Art der Beantragung wird zwischen einer sogenannten Anschlussheilbehandlung (AHB) und einer Reha-Behandlung unterschieden.
Eine Anschlussheilbehandlung muss innerhalb von 14 Tagen, spätestens aber 6 Wochen nach einer abgeschlossenen onkologischen Erstbehandlung angetreten werden. Sie wird über den Krankenhaussozialdienst (bei Klinikaufenthalt) oder bei ambulanter Behandlung wie Strahlentherapie über die Arztpraxis eingeleitet. Falls weiterer Reha-Bedarf besteht oder keine AHB wahrgenommen wurde, hat die/der PatientIn innerhalb von zwei Jahren noch bis zu zwei Mal Anspruch auf Reha.
Voraussetzung für eine Reha ist, dass die Person Reha-bedürftig (also durch die Erkrankung eingeschränkt und nicht arbeitsfähig), aber gleichzeitig Reha-fähig – also ausreichend belastbar – ist, um die Reha-Maßnahmen durchführen zu können. In der Regel übernimmt der Rentenversicherungsträger oder die Krankenkasse die Kosten.
Aufforderung zur Reha (§51 SGB V)
Ist die Krankenkasse vor Ablauf der 78 Wochen bereits der Ansicht, dass der/die Betroffene aufgrund der Schwere der Erkrankung in näherer Zukunft die Arbeitsfähigkeit nicht erreichen kann, fordert sie zunächst schriftlich zur Reha auf. Dieses Schreiben sollte beantwortet werden, ansonsten wird die Zahlung des Krankengeldes eingestellt. Daher wird empfohlen, sich bei Eingang einer Aufforderung zur Reha zu weiteren Schritten beraten zu lassen.
Aussteuerung – das Krankengeld endet
Die Krankenkasse informiert Betroffene rechtzeitig vor Ablauf des maximalen Bezugszeitraumes von 78 Wochen über das Ende des Krankengeldes. Obwohl PatientInnen sich dann normalerweise noch in einem Arbeitsverhältnis befinden, werden sie gebeten, sich an die Arbeitsagentur zu wenden, um Arbeitslosengeld (ALG) I zu beantragen. Das soll verhindern, dass langfristig Erkrankte, bei denen es noch keine Regelung mit der Rentenversicherung bezüglich einer Erwerbsminderungsrente (s.u.) gegeben hat, nicht durch das Sozialsicherungssystem fallen.
Erwerbsminderung
Unter bestimmten (medizinischen bzw. versicherungsrechtlichen) Voraussetzungen zahlt die Rentenversicherung für begrenzte Zeit eine „Erwerbsminderungsrente“ (EMR). Die medizinische Voraussetzung für den Bezug einer EMR ist, dass man wegen einer Krankheit/Behinderung nicht mehr als 6 Stunden bzw. 3 Stunden pro Tag arbeiten kann. Dementsprechend wird zwischen einer vollen EMR, bei der die Arbeitsfähigkeit unter 3h/Tag liegt, und einer Teilerwerbsminderungsrente, bei der die Arbeitsfähigkeit zwischen 3- 6h/Tag liegt, unterschieden. Die Arbeitsfähigkeit bezieht sich im Fall der EMR auf jegliche berufliche Tätigkeit und nicht nur auf den erlernten bzw. ausgeübten Beruf. Hierin besteht der Unterschied zur Berufsunfähigkeit, für die man privat eine Versicherung abschließen muss und die sich auf die bisher ausgeübte Tätigkeit bezieht.
Versicherungsrechtliche Voraussetzungen für die EMR sind, dass man mindestens 5 Jahre beim Rentenversicherungsträger versichert war (sogenannte allgemeine Wartezeit) sowie in den letzten 5 Jahren vor Eintritt in die EMR insgesamt mindestens 3 Jahre Pflichtbeiträge gezahlt hat.
Sozialleistungen
Das soziale Sicherungssystem in Deutschland garantiert hilfebedürftigen Menschen ein soziokulturelles Existenzminimum. Ziel der Leistungen, die sich nach der persönlichen Lebenslage richten, ist, dass jeder Mensch ein Leben in Würde erfährt, auch wenn er dies aus eigenen Mitteln nicht erreichen kann. Eine Hilfebedürftigkeit liegt nach SGB vor, wenn kein oder zu wenig Erwerbseinkommen oder verwertbares Vermögen vorhanden ist. So kann beispielsweise bei einem zu niedrigen Einkommen oder Krankengeldbezug zuerst Wohngeld und, wenn nötig, zusätzlich Arbeitslosengeld II beantragt werden. Um Ansprüche zu überprüfen, muss die individuelle Lebenslage eruiert werden. Daher empfiehlt sich frühzeitig eine persönliche Beratung, um über Unterstützungsmöglichkeiten und die dafür zuständigen Ämter informiert zu sein.
Finanzielle Hilfsmöglichkeiten
Falls KrebspatientInnen unverschuldet in finanzielle Not geraten, gibt es verschiedene Unterstützungsmöglichkeiten. Meist sind es einmalige Zahlungen im maximal dreistelligen Bereich von verschiedenen Institutionen oder Stiftungen, die nicht zurückgezahlt werden müssen. Die Bedürftigkeit muss von einer Behörde oder einer öffentlichen Einrichtung (z.B. Sozialdienst der Klinik, Krebsberatungsstelle, Krankenkasse) überprüft und bestätigt werden. Die Zuwendungen sind zudem an bestimmte Einkommensgrenzen gebunden, dabei wird unter anderem berücksichtigt, ob Rücklagen vorhanden sind.
Dieser Artikel bietet Ihnen einen kurzen Überblick über mögliche Themen der Sozialberatung. Zu diesen Belangen können wir Sie gerne individuell informieren oder Ihnen dabei helfen, die richtigen Ansprechpartner zu finden.
Einen Beratungstermin können Sie unter 089/4400 – 53351 oder unter krebsberatung-tzm@med.uni-muenchen.de vereinbaren. Wir beraten Sie persönlich, per Telefon oder über Video.
Quelle:
- betanet. https://www.betanet.de/krankengeld-hoehe.html. 2022 11.07.2022.