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Angehörige von KrebspatientInnen machen rund ein Drittel unserer Beratungskontakte am Tumorzentrum München aus. Meistens sind es Ehe- bzw. Lebenspartner oder Kinder im Erwachsenenalter. Das Thema „Angehörige“ spielt zudem im Gespräch mit den PatientInnen eine wichtige Rolle, denn „Krebs trifft immer die ganze Familie“, wie das Magazin „Lebensmut“ seine Ausgabe 1/18 betitelt [1].
Unterstützung für Angehörige von KrebspatientInnen
In der ersten Zeit nach der Diagnose steht für die ganze Familie viel Veränderung an. „So kann die Krankheit dazu führen, dass wesentliche Abläufe und Routinen des Lebens gestört werden. Beispielsweise können sich berufliche Pläne ändern, die Organisation des Alltags wird zu einer Herausforderung oder Doppelbelastung.“ [3]. Zudem müssen Begrifflichkeiten rund um die Erkrankung verstanden und oftmals Entscheidungen hinsichtlich des Behandlungsplans gefällt werden.
Viele Angehörige funktionieren in dieser Situation wie „programmiert“ und versuchen den Alltag bestmöglich aufrecht zu erhalten sowie parallel für den Patienten da zu sein. „Sie nehmen vielfältige Aufgaben im Alltag auf sich und sind körperlich wie emotional oftmals stark belastet, weil sie das Auf und Ab der Krankheit aus nächster Nähe erleben.“ [2]. Mitfühlen, Helfen, Unterstützen – das ist eine Höchstbelastung für alle Beteiligten. In der Regel geht dies nicht auf Dauer, ohne selbst Unterstützung zu bekommen.
Frühzeitig Unterstützung suchen
Ein wichtiger Ratschlag für Angehörige ist daher: Versuchen Sie nicht, alles alleine zu schultern. Suchen Sie frühzeitig nach Möglichkeiten der Unterstützung. Ganz praktische Hilfe entlastet den Alltag: Vielleicht kann die erwachsene Tochter einkaufen, die Mutter eines Schulfreundes einmal pro Woche verbildlich das Kind ab Mittag bei sich aufnehmen, die Nachbarin die Mülltonne raustellen oder ähnliches. Von einem solchen Teamgeist profitieren in der Regel alle Seiten: Selbst erhält man Unterstützung, und die HelferInnen sind dankbar, weil sie etwas Konkretes tun können. Und falls Sie sich scheuen, Hilfe anzunehmen und generell anderen nicht zur Last fallen wollen, dann versetzen Sie sich doch einmal kurz in die Position der Menschen in Ihrem Umfeld – würden Sie nicht auch in dieser Situation helfen wollen?
Gesprächsgruppe für Angehörige
Zudem profitieren Angehörige vom Austausch untereinander. Zu sehen, dass es anderen ähnlich geht und man nicht allein mit dieser Erfahrung ist, fühlt sich sehr entlastend an. Als Angehörige sitzen Sie ja mit dem Krebserkrankten sozusagen „in einem Boot“.
In diesem Zusammenhang wollen wir Ihnen gerne Frau Balint vorstellen. Sie ist Sozialpädagogin und Psychoonkologin in der Krebsberatungsstelle der Bayerischen Krebsgesellschaft (BKG) und leitet seit Ende 2021 eine Gesprächsgruppe für Angehörige von TumorpatientInnen.
TZM: Frau Balint, welche Themen werden in der Gruppe angesprochen und was für Hilfestellungen werden angeboten?
Frau Balint: Angehörige stehen oft im Schatten der Erkrankung, da der Fokus auf dem Patienten liegt. Aus diesem Schatten tritt man in unserer Gruppe heraus, die zentralen Themen sind daher:
Wie geht es mir?
Was brauche ich?
Was ist meine Rolle?
Was stützt mich?
Das Hauptaugenmerk der Gruppe liegt auf der Selbstfürsorge: um eigene Bedürfnisse zu erkennen, zu formulieren und sich dann auch zu trauen, sich Zeit für Dinge zu nehmen, die einem seelisch wie auch körperlich guttun.
Zudem biete ich Übungen zur Entlastung und Stabilisierung an, wie z.B. eine Imagination, die die Teilnehmer direkt ausprobieren können.
TZM: Worin sehen Sie den Gewinn für den Einzelnen durch die Gruppe?
Frau Balint: Es ist ein Teilen von Wahrnehmungen, Erlebnissen und Gefühlen. Es geschieht ein Austausch, ein Geben und Nehmen unter Gleichgesinnten, auch wenn die Lebensumstände, die Krebsdiagnose, die Krankheitsphasen unterschiedlich sind. Im Miteinander und beim gegenseitigen Zuhören stellen die TeilnehmerInnen oft fest: Ich bin nicht allein; anderen geht es ähnlich. Die Gruppenmitglieder können sich so gegenseitig unterstützen und im besten Fall voneinander lernen, um für sich einen Umgang mit der Situation zu finden.
TZM: Wie ist eine Teilnahme möglich?
Frau Balint: Eine Teilnahme an der Gruppe ist immer erst nach einem Vorgespräch mit mir möglich. Das kann persönlich, telefonisch oder per Videokonferenz stattfinden. In diesem Gespräch wird abgeklärt, ob eine Gruppe derzeit die passende Unterstützung ist. Als Alternative können auch Einzelgespräche oder, gerade für enge Angehörige oft hilfreich, Paargespräche infrage kommen.
Die Gruppe trifft sich jeden ersten Mittwoch im Monat von 17-19 Uhr in den Räumlichkeiten der BKG: Nymphenburger Str. 21 a, 80335 München.
TZM: Was ist Ihr persönlicher Tipp, wie man mit großen Herausforderungen im Leben umgehen kann?
Frau Balint: Einen Schritt nach dem anderen machen. Und diese Schritte dürfen ruhig klein sein.
TZM: Vielen Dank Frau Balint für Ihre Zeit, das informative Gespräch und die immer wieder sehr gute Zusammenarbeit zum Wohle der PatientInnen. Die Gesprächsgruppe für Angehörige ist eine sehr wertvolle und wichtige Komponente im Baukasten der unterstützenden Angebote.
Weitere Informationen
Falls wir Ihr Interesse an der Gruppe für Angehörige geweckt haben, können Sie sich gerne direkt an Frau Balint wenden: Balint@bayerische-krebsgesellschaft.de.
Weitere Informationen für Angehörige finden Sie auch in der Broschüre „Angehörige“ der BKG:
Weitere Unterstützungsangebote finden Sie auf unserer Homepage im Bereich Krebsberatung: https://www.tumorzentrum-muenchen.de/beratung.html.
Quellen:
- Kramer, R., Was hilft bei tumorbedingter Erschöpfung? Lebensmut Magazin, 2017.
- Bayerische Krebsgesellschaft e.V., Angehörige. München.
- Mehnert, A., Hartung T.J. et al. One in tow cancer patients is significantly distressed: Prevalence and indicators of distress. Psychooncolocy, 27 (1), 2018.